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MUSIK:

Rosenstolz - Schlampen auf Montage

Pop für Erwachsene, Lust am Kitsch und irgendwie schwule Subkultur, vieles ist bereits von bösen Menschen über Rosenstolz gesagt und geschrieben worden und das meiste fällt in den Bereich der Phänomenologie. Hartnäckig wird der Schlager-Vorwurf erhoben als müßte alles Schlager sein, was keine Gitarre hat, aber was wissen schlichte Gemüter, die sich über dererlei ereifern, wenn das Königspaar des dreckigen Chansons anreist. Man sollte, wie für Whacko Jacko, den roten Teppich ausrollen und das Rathaus mieten, wäre zu befürchten, daß AnNa R. in lüsternem Leder dem Bürgermeister das Knie zwischen die Beine schiebt und Peter Plate erstarrten Großmüttern von den Problemen eines Schwulen mit Psycho-Pharmaka berichtet.

Lange Jahre traten Rosenstolz in Läden wie der "Schwule Sau"-Bar auf dem besetzten Sprengel-Gelände in Hannover auf. Inzwischen verkaufen sie mehr Platten als Udo Lindenberg und bei der Polydor kann es sich auch niemand erklären. Die Band sagt, "well, wir machen Pop Art, das ist doch klar, hat noch jemand Zigaretten". Damit hat es sich mit der Begrifflichkeit. Ihr neues Album "Die Schlampen sind müde" versetzt wieder minimale Beats und Quengelgitarre mit dem großen Pathos der Sinfonie, daß es den apokalyptisch gestimmten Trendreiter die Zornesröte in's Gesicht treibt. AnNa R. muß Greta Garbo nicht länger um Hilfe anflehen und steht zur eigenen Einsamkeit gegenüber dem Ghetto der Treue, wenn sie auf der Bühne ihren eigenen Kitsch bewältigt. Ohne Pathos wird man nicht gehört und basta. "Das süße Leben kann viel wilder sein" beklagt sich Deutschland's letzte Trümmer-Diva in einem ihrer Songs und denkt dabei bereits an den nächsten One-Night-Stand. "Lieb mich, wenn du kannst, nimm mich, nimm mich ganz" ist auch der Titel des ersten Buches (dtv, 160 S., DM 14, 90) von und über Rosenstolz, eine Art Gedächtnisprotokoll der Anfangsjahre, welches ebenso unschuldig wie ehrlich die Realitäten des Pop-Business zu sezieren sucht, aber immer wieder stilsicher von der langweiligen Leere in Hotelzimmern, Backstageräumen und Long Distance-Beziehungen berichtet.

Und dann werden sie wieder abends bei Käsebrötchen in einem kleinen muffigen Raum hinter der Bühne sitzen und rauchen wie die Schlote während Techniker an kleinen Knöpfen rumdrehen, Menschen die Manege betreten und Bierhähne zu fließen beginnen. Irgendwann werden sie auf die Bühne gehen um das Publikum in gleichem Maße zu versauen wie zu verzaubern und wir unfreien Schwachköpfe stehen dann unten, lassen es im Magen kitzeln und müßen vor sündigen Gedanken andauernd schlucken.

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MUSIK:

CD - Lotte Ohm-Das Ohmsche Gesetz

WEA

Vincent Wilkie ist einer, den man als Kritikerliebling bezeichnen muß und er wird es bleiben bis ein Titel wie Zappa's "Bobby Brown" z.B. seinen Weg zu den breiten Massen führt.

Legendär sein Auftritt dereinst an einem verregneten Sonntagabend in der Buchtstraße mit den französischen Noise-Sphärenteppichlegern von BASTARD (was für eine Band!)
Legendär auch die Sache mit der riesigen Plattensammlung und die Titel seiner Tracks, die so leicht aneinandergereiht werden als würde jemand hier mit Lego spielen und Musik nichts anderes als "Plug & Play" sein.

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CD - Rancid-Life won't wait

Epitaph Records

Hübsch gemacht, das Erfolgsalbum der Marionetten, die so gern im Europa der frühen, späten und vor allem ausbrechenden 80ern gelebt hätten. "Rancid" sind eine lächerliche Band, deren gute Elemente von "Operation Ivy" mitgebracht wurden, strictly living in an imaginary past. Disneypunk ist nicht mal das große oder irgendein Ding. Wo sind eigentlich "Total Chaos", "Green Day" ? Richtig schön zum kotzen daneben die Berichte in der "Bravo", wie die Jungs in San Francisco das Gilman-Center quasi allein gebaut haben und es, kraft ihrer Energie, endlich "geschafft" haben als wäre Hardcore nie gewesen und MTV ein erstrebenswerter Lebensraum. Kein Verweis auf die originären Roots um die Kinder an die eigentliche Substanz zu führen. Edel-Layout, unmotivierte Background-Stimmen, die ständig auf die Uhr sehen und fett produzierter Kinderzimmer-Pogo mit dem obligatorischen Sozialtenor privilegierter reicher Arschlöcher wie du und ich. Tatoos allein sind noch nicht Punk und die Gaststimmen von Roger Miret, Marky Ramone und anderen retten dieses grottenschlechte Album auch nicht.

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MUSIK:

The Moorat Fingers

Lloyd Moorat war ein nihilistischer Poet, der sich vor ziemlich genau 100 Jahren im Kevin Kloyd Hospital die Finger der rechten Hand abgeschnitten hat um sein eigenes Satanswerk zu unterbinden. Im späten 19. Jahrhundert gab es eben noch nicht ganz so viele Ausgleichsportarten für Psychopaten wie heute, wo ewaige Unzufriedene sich ein paar andere Schreihälse suchen, eine Rock'n'Roll-Band gründen und der Welt die Faust entgegenrecken. Die meisten hören wieder auf weil nicht alle so reich und berühmt werden können um sich ordentliche Psychater zu suchen. Gloid Smear, Sänger der Moorat Fingers, redet sich in Rage, gestikuliert mit seinem Satans-Ring und schimpft auf die Musik in Kneipen. Seine Mitstreiter hören zu und nicken beiläufig. Alle haben bereits einige Jahre Erfahrung in anderen Bands gesammelt, aber diese sind Vergangenheit und die Moorat Fingers wollen darüber nicht mehr reden. Abenteuerliches Englisch wird geredet. Drei von vier Band-Mitgliedern stammen aus dem englischsprachigen Ausland und sind in Bremen hängengeblieben. "Hier haben die Kneipen 24 Stunden offen" bekennt sich Drummer Captain Hospital, der das sonnige Oakland gegen die hansestadt getauscht hat. "Aber wenn wir in Brasilien erstmal groß rausgekommen, werden wir vieleicht die Stadt wechseln."

Jens Tuch, Manager und Labelchef von Into the Vortex-Records, hat sein neues Pferd im Stall vorsichtshalber zum Interview begleitet und versucht Gloid Einhalt zu gebieten als dieser erneut auf die Theke klettert um den "Backwards Ass-Wipe" vorzuführen. Gloid macht sich gern zum Affen. "Obwohl die Frauen alle Abstand von mir halten, aber so ist das dann wohl. Aber es gibt Leute, die sich den Hintern von vorne abwischen und davon handelt der Text. Die dummen Leute fühlen sich von sowas angegriffen weil ihr Humor zu eindimensional ist. Sie denken, daß wir dumm und gewalttätig ist sind, aber die schlauen Leute wissen, daß Hank Williams und Satan immer Freunde gewesen sind und oft zusammen geflippert haben." Die Moorat Fingers haben sich in einem Bremer Proberaum gegründet und dort zwischen riesigen Bierlachen ihr erstes und bestes Konzert gespielt. Danach gab es einige überraschende Umbesetzungen im Line-Up und der improvisierte Jazz Rock verwandelte sich langsam aber sicher in ein brodelndes Gebräu, welches sämtliche Spielarten des Rock'n'Rolls aufzusaugen drohte bis irgendwann wieder ein mit-neun-Leben-ausgestatteter-Punkrock daraus wurde. Seitdem sucht das Quartett die Nähe jener Schar von Rabauken und Gralshütern des heiligen primitiven Rock'n'Rolls von analogem Gnaden, die auch bei der Aufnahmetechnik kein Rauschen und Knacken missen wollen und jedes "Rock'n'Roll ist tot oder zumindest albern" krisensicher ignorieren. Das alteingesessene Hamburger Label Crypt Records verfolgt seit Jahren die Verbindung von Tradition und Moderne, die sich in Form von rotznasigen Schepperbands mit Trash als Lebensmaxime seit den 50ern entwickelt hat.
In der Buchtstraße spielte die Band gleich drei mal mit Bands wie den New Yorker "Turbo A.C.S". "Mit den Ass- Draggers zusammen war ganz gut weil es auch unser erstes richtiges Konzert war. Die anderen beide male haben sie uns vom Hof gejagt weil Captain Hospital so viel getrunken hat obwohl er noch garnicht in der Band war." Stetige Besetzungswechsel hätten beinahe zur Gründung einer Moorat Fingers & Roadies-Gewerkschaft geführt. Der jüngste Ausstieg von Nick "the arty diktator" war kurz und schmerzlos gewesen. Problematischer war der Rausschmiß von Lowlander-Drummer Guido Bolero, der sich zunächst nur durch Kippen-Aufsammeln im Proberaum unbeliebt machte und später durch Timboy ersetzt wurde.
"Wir haben ungefähr das gleiche Glück wie "Spinal Tap" sagt Gloid. "Zuerst passierte die Sache mit Peter in Hell, Michigan, danach Guido und Nick und jetzt habe ich so ein komisches Gefühl mit Timboy." Der Engländer hat den makellosesten Ruf als Gitarrist, den sich ein alter Punker wünschen kann und sein zwischenzeitiges Drummer-Dasein war ein Trauerspiel für alle Beteiligten gewesen. "Er wollte unbedingt bei uns mitspielen, aber er konnte absolut kein Schlagzeug spielen" erinnert sich der Bassist und Quoten-Waliser Spazz Rancid. "Abgesehen davon hatten wir immer das Problem, daß Könige im Zerstören von Equipment wie "die Lowlander" oder die "Sods" unsere Instrumente in den Arsch geritten haben. Tim liebt seinen Verstärker mehr als jede Frau und trotz zehn Jahre Tour-Erfahrung hatte er nicht mal einen Kratzer dran. Die "Sods" haben ungefähr drei Minuten gebraucht um das Ding komplett durchzuknallen und den Rest der Anlage in faustgroße Teile zu zerlegen. Danach war diese Geschichte als ich meinen Zeh bei einem bizarren Flipper-Unfalll verloren habe. Beinahe hätten wir die nächste Show absagen müßen."

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MUSIK:

CD - Deine Lakaien - White Lies

Chrom/Columbia/Sony

Einer wie David Bowie hat sich nie dem Druck der Popkultur gebeugt und niemand würde den Künstler als "Dark Wave" bezeichnen. "Deine Lakaien", seit ihrem dritten Album auch in den Charts bekannt, sind dagegen immer wieder gut um eine Avantgarde zwischen Elektronik und traditionellen Instrumenten mit Begriffen zu bewerfen und die Musik in der Kunst immer mehr als den Soundtrack zu irgend einem Lifestayle zu begreifen. Deine Lakaien, ganz klar Herbstmusik oder Soundtrack zu orpulentem Kerzenlicht und Rotwein. So wird eine Band, die sich immer wieder innovativ dem Genredruck entzogen hat, zu "Dark Wave" oder "Deutschland's führenden Alternative-Elektronikern", aber demnach wäre Bach mindestens der Godfather of Dark Wave.Nun benutzen Ernst Horn und Sänger Alexander Veljanov zwar tatsächlich Strom für so manches Instrument, es scheppert auch mal der Drumcomputeraber eine Meistergeigerin, ein Cello oder eine Drehleier klingen nicht gerade nach dem Sound des 21.Jahrhunderts.

"White Lies", das sechste Album seit 1985, ist kein fröhliches Album, aber eine Klasse für sich. Moritaten über geklonte Übermenschen, die Liebe, das Vertrauen, die Wiedergeburt als geläuterter Held der 1000 Gesichter. Es ist das Zeitalter der Pop-Apocalypse und Dr.Fu Man-Chu hält die ganze Welt in Atem. "Weiß lügt.Notfalls." -White Lies Aber der Wehmut des Duos führt nicht unbedingt in die Depression. Veljanov's Bariton treibt wie eine Arche auf dem Meer seiner Untergangs-Texte und spendet den Schiffbrüchigen Trost, die der Strudel der Zeit zu verschlingen droht. Mit "Hands White" wird dabei auch explizit Stellung zu den Ereignissen vom Weltwirtschaftsgipfel in Genua genommen, nicht parolenhaft sondern mit der ihnen eigenen Art. Kunst halt. "Deine Lakaien" könnten sicher auch Bilder malen oder Filme drehen. "White Lies" ist Musik für Menschen, die Bücher lesen.

Deine Lakaien
Chrom

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ID - Stefan Ernsting - I have two books out, I work on cool movies and I've been blogging for 8333 days.

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Übersetzung:
David Wojnarowicz
Closes to the Knives

(Mox und Maritz Verlag)

"Von Stefan Ernsting hervorragend übersetzt." (Bayrischer Rundfunk))

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