Ullstein

Der große alte Mann der Satire plaudert aus dem Tuschkästchen. Eine Augenkrankenheit macht dem Siebzigjährigen das Lesen und Schreiben inzwischen fast unmöglich. Mit großer Mühe kann Chlodwig Poth aber noch schreiben und so hat er mit seiner Lebensgeschichte ein wichtiges Kapitel der Nachkriegsgeschichte für die Ewigkeit festgehalten. Kurzweiliger Spaß und auch als Generationspoträt recht geeignet.

Von der Kindheit im ausgebombten Berlin über die ersten Arbeiten in der "Zone" geht es fix zur Gründung der "Pardon" und dem Nachfolger "Titanic". Die Entstehung der "Neuen Frankfurter Schule" wird ins richtige Licht gerückt. Immerhin gab es "Pardon" lange vor 1968 und der Einfluß auf die Bewußstseinsphere der heranwachsenden APO sollte nicht unterschätzt werden. So gesehen gibt es zwar Gastauftritte der Urbesatzung um Waechter, Gernhardt, Traxler und Ernsting, aber es fehlen eigentlich konkrete Anekdoten der frühen Sechziger. Vieles in der "Pardon" war in Deutsch vorher nie gemacht worden und die "Titanic" atmet an den besseren Stellen bis zur Stunde den Geist seines legendären Vorläufers.

Gemeinsam mit Rotwein am Küchentisch sitzen, etwas kiffen und Blödsinn aushecken, klar, das hat sich bis heute nicht geändert, aber die Umstände sind 2003 ganz anders. So taucht das Internet am Ende auf um eine neue Zeit zu markieren, aber interessanter wäre die Stories aus einer Zeit, wo nur Ernsting einen kleinen Schwarz-Weiß-Fernseher hatte und dort kollektiv die nächtlichen Wiederholungen der "Marx Brothers" geguckt wurden mußten bis die Kinder vom Geschrei wieder wach wurden. Oder die Geschichte mit der Goldenen Badewanne als Sänfte bei der Demo gegen den Besuch des Schahs.

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