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Sunday, 20. October 2002

MUSIK:

18th Dye

Industrie-Abfall wird verjunkt. Kaufhaus-Soul-Classics, mit Schmelz und fiesem Piano-Sound. Höre wieder Musik. Klavier, Men without Hats, ob alt oder neu ist so egal und ob es die Band gibt, ist auch gal, Projekte gegen Bands. "Was waren Youth of Today gegen all das, was Punk gewesen ist" fragte Moritz gestern in Euphorie. Und die Stones waren zynische Endzeit-Rocker bevor Eddie Vedder seine erste Jeans-Jacke hatte. "Mother's little Helper", "Let's spend the night together" und "Sympathy for the devil". "Pleased to meet you, hope you guessed my name." Beat that ! Von Pearl Jam existiert eine endlose Flut von Sicherheitskopien. Keith Richards würde ein Augenbraue hören und Eddie Vedder den Qualm seiner Marlboro in die Fresse pusten. Pearl Jam und viele andere sind in den Klon-Kriegen zur dunklen Seite übergelaufen. Von ihnen wurde Kurt Cobain verraten und verkauft. Rebellen wie Greg Ginn oder Steve Albini sind entkommen und produzieren im Untergrund weiter. Letzterer hat nebenbei auch das dritte Album der 18the Dye produziert, die x-te Tönung von irgendwas, was mal als sexy Aufschrei gegen die Normen einer kapitalistischen Gesellschaft begonnen hat. Aber die Zeit der Teenage Rebel-Posen wird inzwischen von denen beäugt und gut gefunden, gegen die man sich richtete und die Vergangenheit ist schon lange egal für eine authentische Zukunft. 18th Dye haben einen antik verschrobenen Touch, der jedem Revivalismus mit stummem Spott begegnet. Die Dekonstruktion ist lange von statten gegangen und nun gilt es aus Noise, Junk und Trash neue Gefühle zu recyclen. Statt neuer Welten gibt es aber Leute wie Pearl Jam, die alle in Understatement gefehlt haben, weiter auf ehrliche Rocker machen, Fuselhemden für chick halten und alle ganz verloren sind. Wegen globaler Ungerechtigkeit und so. Die Mittelmäßigkeit aktueller Chart-Rocker wird noch klarer, wenn man sich mal ein "politisches"Album wie "Nebraska" auflegt, Bruce Springsteen's "Isolation unter Reagan"-Platte. Dem Chaos der scheinbar ungebändigten Gitarre wird eine zielgerichtete Kontrolle übergestülpt und die persönliche Bombe muß ihre Wirkung durch die Massenmedien abchecken. Die Maschine kann nur Impulse vermitteln weil die Message immer nur das Medium sein wird. "Awopbabeloobaawopbangboom" wurde verstanden. Springsteen mußte schon subtiler vorgehen und seine guten Nummern
18th Dye spielen die klassische Trio-Nummer und haben vom Punk mitgebracht, daß alles endlos möglich ist. Pearl Jam und Konsorten ist nicht aufgegangen, daß diese Attitüde jede weitere Kategorisierung ausschloß. Malcolm McLaren hatte Punk geboren und getötet, die Mechanik der Trend-Maschine hinter Rock'n'Roll aufgezeigt und damit Tschüß! Phoenix zu Asche. 18th Dye sind sich dieser Zustände bewusst und klingen wie die Velvet Underground in ihrer zeitlos schönen Coolness geklungen haben :"Glass House Failure" ist der Instrumental-Opener, sehr minimalistische Akzente, die sich langsam von zarten Akkustik-Saiten in exploriende Noise-Imperien verwandeln. 18th Dye bauen Noise als gleichberechtigtes Element in ihren getragenen Sound, bauen das unkontrollierte Feedback wieder in die geplante Struktur ein. "Sole Arch", ein melancholischer Song, der zwischendurch von einer Shredder-Gitarre belästigt wird. "only burn" mit den Zeilen "consider this flat a reality you gotta deal with. You can only burn like a letter gone wrong." Mit entschlossener Traurigkeit erkämpft sich die Gitarre ein Ende. "play w/you" kehrt wieder zu m Opener zurück. Großartige Dynamik, wenn die Gitarre in den Refrain mündet. Für einen Moment steht die Zeit still, reißt dich aus konditionierten Assoziationen heraus und flutet auf dich runter. Dann das wunderschöne "label", ein Song mit lakonischem Sex in der hypnotisierten Stimme, die von einem anderen Ort zu singen scheint, irgendwo isoliert, aber mit dem Monitor-Sound der anderen in der Nähe. Auf den Krach lauschen. "no time/11 (spectators)" läßt in die Knie gehen wollen, Erde mit den Händen zu fühlen, Nägel tief einzugraben, sich von Sonic Noise bestrahlen zu lassen, kurz aufzustehen, zu tanzen, nackt sein zu wollen um zu riechen, zu lecken, zu saugen und "fick das verfluchte System" zu brüllen. Auf dem Boden rollen um zu spüren, daß jede Zelle lebt und jede Zelle hungrig ist. Es durchfließt dich, es durchdringt dich, es hält die Galaxis zusammen und übernimmt die Kontrolle. Vor kurzem hatte ich Besuch von Heike, Piet und Sebastian und wir waren im "Lemanns" zum Burritos essen, sprachen über ihr drittes Album, Linernotes und unwichtige Kneipen-Dinge. "Poolhouse blue" verstärkt dann den Eindruck, den ich von drei sehr ruhigen Menschen aus Deutschland und Dänemark nach Hause genommen hatte. Die Arbeit mit jaulenden Gitarren wird den Amis zugeschrieben und andere Einwohnermelde-Bestätigungen scheinen irgendwie künstlich und mit dem "go!song" zeigen sie in verliebter Selbst-Ironie, warum das eben egal und Springsteen viel mehr Original als Vedder ist. Hier wird mit den Symbolen des kratzigen Sounds rumgespielt, daß dem ganzen Album nie sein entschlossener Drive abgeht. Poppige Outlines lächeln um sich dann mit "d." an der Dekonstruktion per se zu laben. Die Song-Strukturen des individuellen Dilletantismus werden vorgeführt und in den Sack gesteckt. Statt Revival kommt Neues aus der Asche. "galeer" erteilt den "hi-fi mono fucked tunes" auch einen textlichen Verweis im sparsamen Gesang. Das abrupte Ende geleitet in den "mitsuo downer", dessen Titel schon den Abgesang auf kosmopolitisch betroffene Rocker vorbereitet und plötzlich kommen Sprachsamples in’s Spiel. Auftauchen und Durchbrechen der Wasseroberfläche eines kristallklaren Sees. "easy (&how we got there first)" scheint nur noch ein nachträglicher Ruf aus einer authentischen Zukunft, in der Leute wie 18th Dye die Seelenlosigkeit vorführen. "tribute to a bus" klingt nach einer Ode an einen Teil der Reise und dem, was einen dabei umgab. Nur dürfte das phantastische "Package -Design" als CD an Tribut-Haftigkeit einbüßen und höchstens als Aufzeigen von Widersprüchen verstanden werden. Und trotzdem eins von diesen Alben, die dich das Leben intensiver leben lassen, den Wunsch aufkeimen zu lassen, die Fallout-Höhle zu verlassen, raus in’s Ozonloch, Sonic Noise auftanken, wild und gefährlich sein. "Ja, so stimmt es" ist die letzte Textzeile.


ID - Stefan Ernsting - I have two books out, I work on cool movies and I've been blogging for 8186 days.

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English Info

Übersetzung:
David Wojnarowicz
Closes to the Knives

(Mox und Maritz Verlag)

"Von Stefan Ernsting hervorragend übersetzt." (Bayrischer Rundfunk))

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