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Tuesday, 2. October 2007

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BLEIWÜSTE 01/10/07

Info: Zwischen 1995 und 1999, den Jahren nach dem unsäglichen Ende des grandiosen "Gags & Gore"-Fanzines, publizierte ich eine handvoll dümmlicher Fanzines mit dem Titel "Bleiwüste", die dem Format von Weblog heute nicht unähnlich waren.... Es gab allerdings nur eine akustische Schreibmaschine und keine Korrekturen. So waren die Dogma-Regeln in der Bremer Emo-New School (....obwohl! Ick war da ja schon Old School...!)

Mitte Dezember wird es an dieser Stelle "2000 Tage Weblog" zu feiern geben und dafür werden jetzt schon die Knallbonbons gewickelt.

2000 Tage Internet ist im Rückblick exakt 5.479452055 Jahre lang. Sowas errechnet mein alter Casio fx-100 in Sekundenschnelle. In letzter Zeit habe ich den Kollegen immer öfter in die Hand genommen. Die Batterie ist auch nach mehr als 20 Jahren nicht alle und dieser "Scientific Calculator" kann weiterhin mühelos irgendwelche Sachen einprogrammiert bekommen, die lediglich ein Mathematiker auf der Durchreise mal für drei Minuten interessant fand.

Im Vergleich zum Internet hat sich in der Benutzung des Taschenrechners aber nichts geändert. Man macht damit immer noch, was man schon damit gemacht hat als es noch "Akkustikkoppler" gab.

Hat sich die Benutzung von Weblogs verändert? Eigentlich nicht.

Damals bzw. früher, es lag Schnee und es weihnachtete sehr gnadenbringend vor sich hin, bekam ich einen Hinweis aus dem Haus Mutant, die von mir gepflegten Weblogs bei Manilasites bzw. Editthispage wären bald womöglich nur noch Rauch und Asche (....was sie heute sind. Alles weg!) und ich sollte mir mal stattdessen die Firma Antville ansehen. Ich bloggte damals bereits ein wenig vor mich hin, so seit ca. 2000 oder wann auch immer Blogger auf den Markt kam... War 'ne komische Zeit, die Älteren werden sich erinnern. SMS war ein total neues Ding und Freunde aus Bremen betrachteten mit großen Augen dieses Wunderding Handy, welches der Berliner Technikpionier auf den Kneipentisch legte.

So, ma' schnell Zigarette gerollt und nebenher multitaskingmäßig die neue IT-Crowd angeworfen. Wer nicht gleichzeitig bloggen und fernsehen kann, hat in dieser Welt nichts verloren, sage ich mir. Und natürlich ist die Fernsehfolge ein Torrent-Download, was denken Sie denn? Are you from the past?

Jedenfalls Antville, gesagt, getan und flott registriert. Spaßeshalber mal "news" als Namen versucht. Merkwürdigerweise hatte sich den noch niemand gekrallt und so entstand dieses Weblog. Das komische Englisch-Deutsch hatte ich von Anfang an. Keine Ahnung, warum ich damit angefangen habe.

Hier sind die ersten Einträge vom 27. September 2002. Die Weblog-Runde war noch sehr klein. Frau Mutant, Herr Hillu alias Cursor, der Supatyp, Elephäntville und diverse andere Veteranen waren bereits mit am Start, aber alles hatte diesen Dunst von APPD, Chaos Computer Club und Fanzine aus digital. Die Ideen waren bereits die gleichen Ideen wie heute. Branding, Magazin, Mindstream und der ganze Diederichsen-Scheiß. Es gab sogar schon so Vorläufer von RSS und Widgets, die ich bereits auf meinem Manilasites-Dingens hatte. Zum Glück war ich aber Punkrocker und habe das digitale "Ox" bzw. das digitale "Trust" anderen überlassen. War mir zu konventionell, wollte ich nicht. Die Genossen von "Sport" erklären das schön in diesem Buch ("Wovon lebst du eigentlich?", Piper) von Captain Prekariat Rasmus "Gary Bierbeben" Engler (Ey, willst Du eigentlich immer noch meine Jacke mit dem Gary-Logo kaufen? Ich bin ihrer langsam überdrüssig. Die wird nicht billig, aber als Bestseller-Autor dürfte das ja jetzt kein Problem sein...)

Wir wollten das nicht, wir wollten Punk und Kunst und Dreck unter den Fingernägeln und vollgeaschte Tastaturen und Parties und Mädchen und Drogen und noch mehr Mädchen und danach vielleicht wieder Drogen und hin und wieder auch mal mit Mädchen in eine Ausstellung gehen. Und wisst Ihr was, es war eine verdammt gute Zeit und sie hält an, wenn sich auch die Parameter weiterhin verändern. Aber ein Blick zurück in die alten Einträge von vor fünf Jahren bringt jede Menge Erinnerungen zurück.....

So ca. Ende 2000 hockte ich mit John von den Weakerthans und seinem Fahrer, einem jungen Mann namens Thees, vor einem bekannten Kreuzberger Gitarrenbedarfsladen und wir fragten uns, wie wir das alles vorher ohne Handy und Internet gemacht haben. Wir waren natürlich gleich instant-wehmütig, weil, da hatten sich ja auch die richtigen Heulsusen zusammen gefunden. Tomte kämpften damals um jeden Auftritt und Thees hatte diesen Blick, den ich selbst nur zu gut kannte. Anders als die anderen und dabei noch total lustig und gut im Bett. Wir fanden uns jedenfalls mal wieder ziemlich super. Und wir wussten, dass es auch ohne Handy geht weil wir die magischen Namen und Adressen kannten. Wir wussten, dass die Zeiten bitter werden würden, Internet hin oder her.

"Us Punkers, we prepared ourselves in time!"

Wir kennen es nicht anders und über die verzeitgeistigten "urbanen Penner" haben wir uns schon 2000 lustig gemacht. Leute, die ihren Laptop spazieren tragen, aber im Gegensatz zu uns niemals abzuliefern hatten.

Geld war kein Thema, aber wir taten, was wir taten u. a. auch weil dabei irgendwie täglich 20 Euro (bzw, damals 'n Fuffi..) raussprangen. Wir wären sonst verhungert und daran hat sich nichts verändert. "We come from the wagen and that's where we go every night after the show", hat Henry Rollins es mal umschrieben und auch auf die sesshafteren Tage hat sich der tägliche Kleinkrieg kaum verändert.

Ich habe mal die allerersten Einträge gesichtet und bin dabei auf dies und jenes gestoßen, aber ein Eintrag vom 20. Oktober 2002 ist mir aufgefallen und hat mich generell animiert, mal weiter zu stöbern: Propagandhi und die guten Deutschen aus Leipzig

War damals eine Reaktion auf diese Nummer im Conne Island zu Leipzig, die da beschrieben wird. Ich und Marcus Wiebusch gegen die Daltons, das waren noch Zeiten, Inzwischen habe ich Marcus eine Ewigkeit nicht gesehen. Zuletzt bei irgendeiner Berliner Durchrauschaktion vor über einem Jahr. Ich bin faul geworden und stehe nicht so auf Backstage-Brigade, aber irgendwann würde ich eigentlich gern mal wieder mit Papa Wiebusch ein paar hundert Kilometer die A1 runter. Nur so. (Eigentlich müsste ich einen "...But Alive"-Geheim-Revival-Gig anzetteln... Herr Ott, übernehmen sie bitte!) Weil die Welt tatsächlich so gewöhnlich ist und wir duften Typen von früher natürlich irgendwie Recht hatten. Wir waren nicht ganz Emo, aber irgendwie war es womöglich unsere Schuld, dass es heute die Schublade Emo gibt. Es ist schon komisch, Acme und die Folgen....

Aber die magischen Namen, Adressen und Nummern haben sich nicht verändert, die Freundschaften und Bekanntschaften, die am Ende doch irgendwie bleiben weil wir nicht einsam in den Stiefeln sterben wollen... Es sind neue Namen und Nummern hinzugekommen und manche stehen auf Facebook oder bei MySpace, aber all das Geclicke ändert nichts daran, dass ich bis heute immer noch weiß, auf wen ich mich verlassen kann. Das ist ein gutes Gefühl. "Und wir werden uns noch kennen..." Der ganze Wiebusch-Schmarn und nur, dass wir uns nicht falsch verstehen, ich gehörte zu den drei bis fünf wenigen Leuten, die das "Hippie-Kacke" -Tape bei Erscheinen wirklich gut fanden!

Alles ist witzig und alles egal. Man ist so furchtbar schubladisiert und kommt auch nicht mehr raus. Man wirft den RSS-Reader an und sieht sich das ganze Elend an. Und nebendran läuft "the next Dick in a Box"... (Found by Kim first!) Man stellt den Aggregator auf 12 und schon purzelt einem das Elend entgegen und man denkt sich, nicht schlecht, ich sollte ein Elends-Blog machen, aber erst ist "Generation Kollaps" dran, dann die Sache mit Jorge und dann die "Superflöhe" und nächste Woche können wir vielleicht mal Kaffee trinken und schick mir bitte nichts mehr über Facebook weil ich es hasse und magst DU eigentlich Tiere und wie steht es mit Bergen? Hohe Berge? Eigentlich ganz geil und was macht Claudi aus Hannover eigentlich jetzt. Es ist eine doofe Welt, aber wir haben es uns so ausgesucht.

Der Sänger von den Toten Hosen, der Andreas, der hat da mal was Schlaues gesagt und es hing mir ebenso lange nach wie der Satz von Lothar Bisky neulich im "Cafe Oscar" in Eisenhüttenstadt, wo es wirklich speziell war. Der Andreas, ich nenne ihn Andreas, sprach von "Frauen" und von diesem leicht verunglückten Lied über "Frauen" mit selbigem Namen. Es ging um das Zurücktreten und darum seinen Machtvorteil nicht auszuspielen. Er ist ein heller Kopf und wird deshalb oft und gern im Fernsehen eingeladen. Weil, sonst sitzen da nur Leute rum, die durch Inkompetenz, Unwissenheit und einen gebührenden Abstand zur Realität glänzen können. "Einen besseren Wahlhelfer als Kurt Beck kann ich nicht haben", sagte Lothar Bisky letzten Dienstag und wir stießen unsere Gläser gegeneinander. Der Auftritt bei Anne Will, genau, darüber könnte man Theaterstücke schreiben. Es ist eine doofe Welt, aber wir machen weiter. Wir kriegen am Ausgang unser Taschengeld und trinken auf den Mann, der unsere T-Shirts verkauft. Er ist ein guter Mann und meistens auch ein Freund. Draußen in der tobenden Masse ist er außerdem unser Ohr am Volke und kann uns erzählen, was die Bewohnermenschen so von der Show halten und ob sie im nächsten Jahr mal wieder wählen gehen oder ob sie erst 2000 Weblogs lesen müssen.

"Hurst Du für die Zeit oder nur so?"

Ich frage mich das selbst oft. Wenn ich z. B. so mit Helmut, Angelina und Brad in der Hasenheide sitze und die Kinder sich wiederholt mit der bulgarischen Kiddiegang in die Haare kriegen. Das bedeutet dann einfach nur Backenfutter und sonst nichts. Jemand sollte aufstehen. Da hilft dann auch kein Weblog, aber 5.479452055 Jahre später bin ich froh, dass ich die alte lancelotische Sturm & Stream-Technik noch drauf habe.

Kann man bei Facebook eigentlich per Mausclick in die SPD eintreten? Ist da noch niemand drauf gekommen, liebe Superfüchse und Superbunnies?

IMMER WIEDER IST DAS BLOGGEN AN SICH ZENTRALES THEMA VON WEBLOGS...

THE MEDIUM IS THE MESSAGE

And the show goes on... And nobody in the audience....


ID - Stefan Ernsting - I have two books out, I work on cool movies and I've been blogging for 8186 days.

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English Info

Übersetzung:
David Wojnarowicz
Closes to the Knives

(Mox und Maritz Verlag)

"Von Stefan Ernsting hervorragend übersetzt." (Bayrischer Rundfunk))

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