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Monday, 6. March 2006

FILM:

Oscarkater

Wegen schlimmer Erkältung und Schlaflosigkeit erstmals die Oscars geguckt. Was für eine Scheiße! Und ohne Jon Stewart, der sich völlig unter Wert verkaufte, muss das all die Jahre noch öder gewesen sein. Hollywood feierte sich selbst weil man ja so unglaublich kontroverse Filme aufgestellt hatte, aber einziger Höhepunkt war der Abgang der Three 6 Mafia die einen Oscar für den Song "It's Hard Out Here for a Pimp" aus "Hustle & Flow" bekamen, der für die Show auf familienfreundliches Format gestutzt werden musste. Conferencier Stewart konnte sich vor Kichern kaum noch halten. Er imitierte mehrfach das tuckige Gehampel auf der Bühne und erklärte, ein "Pimp" sein eine Art Agent mit einem schöneren Hut. Kurze Pause und dann die Frage an die versammelten Hollywood-Größen: "Why are they the most excited people here?"

Weil der Rest eben weder aufgeregt noch aufregend war und die schönen Frauen alle wie Marzipan wirkten. Stewart setzte noch einen drauf "Martin Scorcese: 0 Oscars. Three 6 Mafia: 1 Oscar." Konnte man gerade eben noch drüber lachen, aber ansonsten wirkte die Veranstaltung wie eingefroren. Lediglich George Clooney konnte Würde bewahren und bekam gleich zu Anfang seinen Lacher.

Und "Crash" als bester Film hatte sich längst abgezeichnet. Die Presse vergisst zu gern, dass die Preise von der Academy und nicht von den Medien vergeben werden, die "Brokeback Mountain" so gern gewinnen sehen wollten. "Crash" war der kleinste gemeinsame Nenner, ein Wohlfühlfilm für Weiße, die hinterher sagen konnten, "hey, Schwarze und Araber können auch Rassisten sein, toller Film!" Da fühlt sich das bürgerliche Amerika doch gleich viel besser und die Scheiße mit New Orleans stinkt nicht mehr ganz so doll. In diesem Zusammenhang auch sehr peinlich: der Hinweis des Präsidenten der Academy, man würde in New Orleans derzeit bei Dreharbeiten 600 Menschen beschäftigen und somit ganz doll beim Wiederaufbau helfen. Für solchen Unsinn gab es sogar Applaus und man wünschte sich zumindest einen offiziellen Hofnarren wie Kanye West herbei. Oder zumindest Michael Moore.

Dafür hatte man ja auch eigentlich Jon Stewart engagiert, aber der wurde mit dem Publikum nicht richtig warm. Teilweise herrschte Grabesstille in diesem riesigen Saal.

Amerika hat sich den Maulkorb selbst verpasst und wer sich 2006 mutwillig jeglichen politischen Kommentar verkneift, hat längst schon aufgegeben.


ID - Stefan Ernsting - I have two books out, I work on cool movies and I've been blogging for 8185 days.

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Übersetzung:
David Wojnarowicz
Closes to the Knives

(Mox und Maritz Verlag)

"Von Stefan Ernsting hervorragend übersetzt." (Bayrischer Rundfunk))

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