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Friday, 10. February 2006

FILM:

"München" von Steven Spielberg

Vier Diskussionen später hat man sich immer noch keinen Reim darauf gemacht. Erstaunlich vor allem das Gespräch mit einer israelischen Bekannten im Berliner Exil, die von den Ereignissen während der Olympischen Spielen 1972 vor dem Film noch nie gehört hat. Der Freund mit palästinensischem Pass winkt sofort ab und will den Film nicht sehen. Der Jamaikaner feiert Spielberg für seine Darstellung der Mossad-Agenten in Grund und Boden. Die Deutschen sind mal wieder keine große Hilfe nachdem sie Spielberg für "Schindlers Liste" fast zu Tode geknutscht haben. Unter Punkern geht sofort die Diskussion um "Anti-Deutsche" und "unser Verhältnis zu Israel" los. Israel ohne den Bezug zur eigenen Geschichte geht nur schwer. Bleibt der Nerd am Telefon, der "lieber endlich Indiana Jones Teil 4" sehen will und das Problem des Films damit am besten umschreibt. Wieso Spielberg?

Spielberg hat am Anfang seiner Karriere drei sehr gute Filme gemacht: "Duell" (1971), "Sugarland Express" (1974) und "Der weiße Hai" (1975). Der Hai wurde zum ersten Blockbuster aller Zeiten und spielte unvorstellbar viel Geld ein. Mit "Unheimliche Begegnung der 3. Art" und "E. T." ging das so weiter und bei den Indiana Jones-Filmen klatschten auch die Kritiker in die Hände. Es folgten Kitsch ("Always", "A.I.), Kitsch mit Anstrich ("Die Farbe Lila"), Flops ("1941", "Empire of the Sun") und ein Superflop ("Hook"). Danach ging es wenig inspiriert weiter oder möchte irgendwer "Jurassic Park" mit Indiana Jones vergleichen? Nach "War of the Worlds" konnte es kaum noch schlimmer werden.

Zwischendurch gab es mit "Amistad" eine akzteptable Ausnahme und "Private Ryan" ging ebenso wie "Schindlers Liste" irgendwie okay. Das Sklavendrama "Amistad" war wie gemacht für das rührselige Gemüt des Regisseurs und "Private Ryan" war vor allem ein lupenreiner Vertreter des Kriegsfilms. Spielberg hatte sich sämtliche Filme des Genres angesehen und sie technisch übertroffen (Scorcese hätte stattdessen vermutlich Bücher gelesen, aber Kino ist nun mal ein visuelles Medium...) An "Schindlers Liste" konnte sich niemand groß stören. Ein dankbares Projekt für einen Mann, der die halbe Welt mit einer hässlichen Plastikpuppe zum Heulen gebracht hatte, die "nach Hause telefonieren" krächzte.

"München" hätte einen gnadenloseren Schnitt verdient, aber Spielberg macht seine Sache überraschend gut. Es gelingt ihm, Geschichte in die Gegenwart zu holen und eine Geschichte zu erzählen. Spielberg missbraucht die Fiktion dabei nicht um einen Standpunkt in der Realität zu beziehen. Natürlich hat sich die Geschichte nicht wirklich so ereignet, aber im Zeitalter von George W. Bush ist die Machart nachvollziehbar. Spielberg erzählt "eine Geschichte" und die ist relativ simpel: Mossad-Agenten jagen und ermorden das Kommando "Schwarzer September". Am Ende klebt Blut an allen Händen und New York hat noch nicht diese klaffende Wunde mitten drin. Aber die Deutschen sind schon da, mit ihrer großen Klappe und ihrem Gerede von der internationalen Revolution.

"München" bleibt in der moralischen Grauzone und lässt für Pathos wenig Raum. Die Globalisierung des Terrorismus ging 1972 gerade erst richtig los und eben diesen Moment scheint Spielberg einfangen zu wollen. Es geht ihm nicht direkt um Israel oder womöglich das Amerika nach dem 11. September, aber er scheut sich auch nicht, den Mossad ins richtige Licht zu rücken. Töten und getötet werden. Das hat sich so noch keiner getraut. In seiner naiven Verweigerung einer Analyse der Ereignisse ist Spielberg wieder ganz der Alte. Wenn ihm Action-Szenen auch weiterhin nicht richtig liegen, hat er mit "München" auf alle Fälle seinen interessantesten Film abgeliefert. Oliver Stone wird sich mit seinem Film über den 11. September daran messen lassen müssen.


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Übersetzung:
David Wojnarowicz
Closes to the Knives

(Mox und Maritz Verlag)

"Von Stefan Ernsting hervorragend übersetzt." (Bayrischer Rundfunk))

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