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Friday, 21. February 2003
Medien:
Let there be blogs Aha, jetzt geht die selbe Diskussion auch auf Deutsch los. Sind Weblogs nur Link-Sammlungen oder sollte man die Welt täglich über die Schwielen am real existierenden Arsch per digitalem Tagebuch auf dem laufenden halten? Portal-Wächter gegen Tagebuch-Dussel..... I Wie doof! Das Sammeln von Links hat natürlich auch einen Tagebuch-Charakter, wenn auch nur in der Form einer Referenz an das erledigte Tagespensum durchclickter Seiten. Aber tut man das selbst überhaupt lesen, was man da alles an Links postet oder ist das 'ne reine Kraftmeierei, von wegen wer kann hier die meisten Links zum Thema XML versammeln, wer kann die schärfsten Chilis essen und wer legt dabei die härteste Musik auf. Ach so, man legt ja nicht mehr auf, man clickt nur noch an! Wunderbare Verwertungsgesellschaft ohne irgendeinen Sinn. Tausend Links versammeln ist wie tausend Filme saugen und 100000 MP3s sein eigen nennen. Wenn man kein kulturelles Verständnis hat, bleibt man trotzdem nur ein armer Wicht mit großer Sammlung popkultureller Datensätze. Linksammlungen sind komplett für den Arsch bzw. machen sie nur Sinn, wenn sie, im richtigen Zusammenhang gepostet, auf ein interessiertes Publikum treffen. Funktioniert wohl für News-Kanäle, aber damit ist ja das Potential des Personal Publishing noch lange nicht am Ende. Und das wissen die grauen Punker schon lange oder es gäbe nicht diese Flut von hedonistischen "mir ist da was passiert"-logs, die man früher als A5-Punkzine fotokopiert hätte. Das ist ja nicht mal eine uninteressante Lücke zwischen Journalismus und "Literatur" bzw. müßte man da mit dem Begriff des "New Journalism" oder so kommen. Aber was hat das mit der Form der Veröffentlichung zu tun? Weblog ist nur noch 'ne Technik und wer von der Form auf den Inhalt schließt, hat nichts verstanden. Sechs, setzen, "Die Philosophie des Andy Warhol von A-Z" bestellen und mit spitzem Bleistift bei Ramones-Beschalllung durcharbeiten. Waren wir mit Open Source und Webspace für umme nicht ganz froh, daß jedeR mit wenig Mühe eine Alternative im Mediensumpf anlegen kann? Aber jetzt kommen die Spießer und wollen alles schön offiziell definiert haben. Da gibt es dann richtige und falsche, gute und böse Weblogs. Und dann kommen auch noch diejenigen, die von der Form darauf schließen, daß sie mit ihrem Weblog nun die große neue Literatur produzieren. Uh-oh.... Da haben die Verlage ja gerade gewartet. Die haben sicher noch nicht genug Manuskripte in dieser Art. Eine elke-buschheuser.de ist wohl nicht genug, was? Ganz sicher kann man natürlich ein Antville-Buch machen, wovon man auf dem Ameisenhaufen hier und da ja hört. Aber is das dann eine Sammlung cooler Texte oder ein Sachbuch über ein Phänomehen des neuen Jahrtausends oder irgend so ein Scheiß? Da kann man gepflegt drauf verzichten, aber es dürfte klar sein, daß der Mainstream bald so'n paar Leute braucht, die ihre Köpfe hinhalten, wenn die offiziellen Kulturkanäle den Weblog-Sumpf entdecken und das nicht nur in den USA oder weil Google gerade Blogger gekauft hat. Außer Weblogs passiert in den Medien zur Zeit nicht viel interessantes und trotzdem braucht man Gesichter, Popstars, Homestories und tolle Typen, die im Internet voll ihr eigenes Ding so ganz ohne Geld machen (dabei ist natürlich wichtig, daß man mächtig Old School schon ganz lange dabei war, mindestens seit William Gibson sich noch nicht allein den Arsch abwischen konnte. Aber wir haben bald sicher auch so Blogstars in Deutschen Landen. Da kann man denne schnell mal Godfather im "Jetzt"-Chat werden, ist schon klar. Ich wünsch mal alles Gute und viel Glück! Tagebücher im Internet sind fast so schlimm wie die späten Wehen autobiographischer Comics am Anfang der 90er. Schön und gut, aber zeigt mir den neuen, unentdeckten Max Goldt, der irgendwo im Internet sein kärgliches Dasein fristet, sich von Brotkrumen ernährt, aber stilistischen Perlwein einschenkt, daß man heulen könnte. Ich las gerade den Titanic-Kolumen-Band "Ä" von Herrn Goldt und die Autobiographie von Chlodwig Poth liegt herum. Mächtig cool und beeindruckende Chuzpe. Dagegen sind die Rebellen der 90er im Fegefeuer der New Economy verbrannt und proben jetzt das zweite Post-68 im virtuellen Raum. Wie langweilig. Und niemand hört zu. Also niemand außer den anderen von der Clique, die sich täglich ihre Brotkrumen aus den anderen logs abholen, wie es Herr Cursor treffend beschrieb. Es ist nichts als Kneipen-Talk und die Ameisenkneipe ist auch nicht größer als eine durchschnittliche Provinzdisco. Da werden dann bestimmt auch Blogger-Treffen gemacht und alle haben sich lieb weil sie die gleiche Software benutzen. Ultimative Link-Sammlungen, tsss, womit man sich heute so beschäftigt.... Früher hat man dabei wenigstens noch die selbe Musik gehört..... Das biz-journal vermeldet dazu, daß die Boys von Ricardo mit 20six.de auch in Deutschland für noch mehr Kommerz-Geblogge sorgen will
by tommyblank, 13:51h
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Übersetzung:
"Von Stefan Ernsting hervorragend übersetzt." (Bayrischer Rundfunk))
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